Von der Schulbank zum Praktikum nachTaiwan

Durchblick: Friederike, zwei  Monate leben und arbeiten in  der chinesischen Provinz Taiwan  – Luftlinie gemessen liegt  das etwa 9000 Kilometer von  Deutschland entfernt. Hast du  überhaupt keine Angst? 
Friederike: Angst nicht, aber  Respekt. Ich wohne ja auch  nicht mehr zu Hause – von daher  bin ich schon mehr oder weniger  abgenabelt. Was nicht  heißt, dass ich meine Freunde  und Familie nicht vermissen  werde. Trotzdem: Nach China  wollte ich schon immer und ich  freue mich tierisch darauf. 
Und jetzt lässt du deinen Traum wahr werden…
Ja, eigentlich wollte ich   schon ins Ausland, als ich meine Fachhochschulreife abgeschlossen hatte. Dann habe ich aber doch meine Ausbildung zur Heilerziehungspflegerin angefangen. 
Als ich von dem Taiwan- Austausch hörte, habe ich das einfach gemacht. Ich habe ja auch schon mal einen Taiwanesen zu Hause aufgenommen.  
Das heißt, ganz fremd ist dir   die Kultur nicht. Weißt du   schon in etwa, was dich dort   erwartet? 
Der Besuch damals dauerte   nur zehn Tage und ich wusste   dadurch nicht viel mehr über   das Land. Aber jetzt habe ich mich informiert und sogar mit ein paar Taiwanesen gesprochen.   Auch durch Herrn Meyer   (Lehrer an der BBS II, d. Red.) habe ich schon etwas mitbekommen, wie die Einheimischen   so sind. Kulturelle Unterschiede  sehe ich zum Beispiel  bei den Essgewohnheiten.   Praktikum in Taiwan

Was meinst Du damit?  
Die Taiwanesen frühstücken nie, gehen meistens essen und kochen selten zu Hause. Das Gastgeschenk, das ich damals bekommen habe, war auch sehr lustig: Fleisch. Überhaupt sind die Taiwanesen sehr, sehr höflich   – für uns Deutsche schon   fast übertrieben. Egal ob es   schmeckt – sie trinken und essen   es einfach. Und sie wollen einem die größte Gastfreundschaft    schenken, die möglich    ist. Auch interessant: Mein taiwanischer  Gast damals kam mit großen Augen ins Haus und war  total überwältigt. Dabei ist unser Haus nach deutschem Standard    eigentlich ganz normal.  Für ihn waren wir wohlhabend.  
Weißt du schon, wie du dort    untergebracht sein wirst?   
Nur in etwa. Den ersten Monat verbringe ich in einer Familie, den zweiten in einer anderen.  Die gesamte Zeit am Stück wäre wohl zu viel – bei der Gastfreundschaft. Sie werden mir den Himmel auf Erden holen  wollen. Das kann auch zum Stress werden.   
Und konkretere Informationen hast du noch nicht?
Nein. Wir in Deutschland haben    ja immer gerne einen Plan und feste Strukturen. Aber die machen sich da keinen Stress in Taiwan, habe ich das Gefühl. Ich weiß auch noch nicht genau, wann es losgeht. Nur den groben Zeitraum kenne ich: von August bis zum November.
Jetzt hast du ja schon einiges über die taiwanische Kultur erzählt. Es gibt aber noch einen weiteren Grund für deine Reise – einen beruflichen.
Das stimmt. Ich hoffe, als Heilerziehungspflegerin in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderungen hineinschauen zu können – vielleicht in ein Wohnheim oder eine Tagesstätte. Die Taiwanesen sind in dem Punkt noch nicht so offen. Sie zeigen dort nur ihre Musterschüler, Leute, die etwas erreicht haben – gerade uns Deutschen. Ich möchte aber sehr gerne auch die anderen Menschen kennenlernen.
 Zum Kennenlernen gehört aber auch die Sprache.
 Ich habe schon einen Chinesisch- Sprachkurs genommen. Da lernt man allerdings nur ein paar Wörter. Die Motivation ist auf jeden Fall da, auch die Sprache besser zu verstehen. Ansonsten geht wohl auch Englisch. Ich bin ein Mensch, der offen und gerne auf andere zugeht.
Du scheinst ja bestens vorbereitet zu sein. Gibt es außer dem Sprachkurs noch weitere Maßnahmen, die du im Vorfeld getroffen hast?
Im Taiwan-Förderverein habe ich einiges über das Land erfahren. Vor allem von Herrn Meyer – der war schon zig mal in Asien.
Eine solche Reise tritt man meistens aus einer bestimmten Motivation heraus an.
Gibt es ein Ziel, dass du verfolgst – gerade nochmal im Hinblick auf das Thema „Umgang mit Behinderten“?
Klar wäre es super, wenn ich die Leute dort etwas lockerer machen könnte – aber das erwarte ich nicht. Ich werde Fotos mitnehmen und zeigen, wie wir hier arbeiten und wie offen wir mit dem Thema Behinderung umgehen. Toll wäre es natürlich, wenn sie mehr Verständnis dafür aufbrächten.

(Wir danken der Allgemeinen Zeitung für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Interviews)